Ein fünfjähriges Kind läuft immer wieder davon.
Es hört nicht, wenn man es ruft. Manchmal versteckt es sich so gut, dass man es eine halbe Ewigkeit sucht – und als Erwachsene bekommt man Herzklopfen und Angst.
Solche Momente sind für Erzieher und Erzieherinnen gleichermaßen belastend.
Man fragt sich: „Warum macht das Kind das?“
Ist es trotzig? Testet es Grenzen? Oder steckt etwas anderes dahinter?
Die Antwort ist oft viel tiefer:
Weglaufen ist ein Signal: ein Zeichen von Unsicherheit, Überforderung oder Bindungssehnsucht.
Wenn Kinder verschwinden – was wirklich dahintersteckt
Kinder laufen nicht einfach „weg“.
Sie ziehen sich zurück, wenn sie sich innerlich nicht sicher fühlen.
Vielleicht ist etwas Neues passiert, vielleicht gab es einen Konflikt, vielleicht fehlt Vertrauen.
Ihr Verhalten zeigt:
„Ich will wissen, wer ich bin.“
„Ich will wissen, ob du mich suchst.“
„Ich will spüren, dass ich dir wichtig bin.“
Es ist Bindungskommunikation
Spielen als Brücke zur Sicherheit
Eine Erzieherin erzählte mir, wie sie genau so ein Kind begleitet hat.
Immer wieder war das Kind plötzlich verschwunden – und sie hatte große Sorge.
Dann begann sie, regelmäßig Fangen zu spielen.
Einfach und mit echter Freude.
Und etwas veränderte sich: Das Kind ließ sich fangen.
Es lachte, suchte Blickkontakt, kam von sich aus auf sie zu.
Und irgendwann – keine heimlichen Verstecke mehr. Keine Panik.
Warum?
Weil das Kind durch das Spiel etwas Entscheidendes erfahren hat:
- Ich darf weggehen – und werde trotzdem gesucht.
- Ich werde gesehen.
- Ich bin wichtig.
Kinder verarbeiten im Spiel ihre inneren Spannungen.
Was für Erwachsene nach „Spaß“ aussieht, ist für Kinder oft Selbstregulation und emotionale Verarbeitung.
Schon kleine Spiele wie Guck-Guck lehren Babys:
„Ich bin da – auch wenn du mich kurz nicht siehst.“
Später wird daraus beim Fangen oder Verstecken ein tieferes Lernen:
„Ich kann verschwinden – und trotzdem sicher bleiben.“
Gerade Kinder mit Trennungsängsten oder unsicherer Bindung nutzen solche Spiele, um Vertrauen zu üben.
Sie lernen: ‚Ich werde nicht vergessen. Ich bin geborgen.‘
Was Erwachsene tun können
- Nimm das Weglaufen nicht persönlich. Es ist Ausdruck eines Bedürfnisses, kein Angriff.
- Spiel mit – echt und begeistert. Durch gemeinsames Spiel entsteht Beziehung.
- Bleib ruhig und präsent. Kinder spüren deine innere Haltung.
- Bestätige kleine Schritte. Jede Formulierung des Kindes wie: „Ich komm wieder“ ist ein großer Erfolg!
- Vertraue auf den Prozess. Sicherheit entsteht nicht durch Kontrolle, sondern durch Beziehung.
Fazit:
Wenn Kinder weglaufen, wollen sie sich vergewissern, dass jemand sie sucht.
dass sie wichtig sind und dass sie dazugehören.
Spielen ist dabei keine Ablenkung – sondern der Weg zurück in Sicherheit und Bindung.
Denn Kinder lernen durch Erlebnisse. Und manchmal genügt schon ein einfaches Fangen-Spiel, um ihnen zu zeigen:
„Ich sehe dich. Ich bin da.“



